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Einachsschlepper: Der perfekte Einstieg in die landwirtschaftliche Oldtimerwelt?

Johannes

Sie heißen Holder E12, Hako Hakorette oder Agria 1700. Einst waren sie in Deutschland die absolute Universalwaffe für alle Jobs, für die ein „echter“ Schlepper zu groß, zu teuer oder zu klobig gewesen wäre. Und durch ihre Möglichkeit, zwischen Anhänger, Wendepflug und Balkenmäher unzählige Werkzeuge anzuhängen, waren sie auch noch so vielfältig einsetzbar wie ein Schweizer Taschenmesser. Keine Frage, Einachsschlepper sind ein Feld für sich – aber eignen sie sich als Einstieg in die landwirtschaftliche Oldtimerwelt?

 

  1. Der Preis

Jeder Schlepperfan weiß, dass man selbst für kleineres Gerät vom Schlage eines Fendt GT225 schnell die 5000-Euro-Schwelle in der Anschaffung überschreitet. Und tatsächlich muss man sagen, dass an dieser Stelle Einachser absolut eine gute Wahl sind. Selbst die Größeren unter ihnen, etwa Fahr KT10, überschreiten selten die 3000-Euro-Schwelle. Und jenseits der 2000 Euro darf man zudem davon ausgehen, noch mit reichlich Zubehör versorgt zu werden, sodass man mit etwas Glück zu seinem Fahrzeug ein mehr oder weniger komplettes Anbauteile-Sortiment erwirbt. Nicht nur nützlich, sondern auch auf jedem Treffen toll anzusehen.

Und je kleiner man sich orientiert, je mehr man sich auf das reine Arbeitsgerät beschränkt, desto günstiger wird es. Einen Hakorecord bekommt man oftmals schon für dreistellige Summen, gleiches gilt für Holder E6 und Co. Und dabei sprechen wir von einem oft gebrauchsfertigen Zustand. Allerdings ist es gerade mit dem oft so eine Sache…

  1. Der Zustand

Zweiachs-Schlepper kamen damals wie heute vor allem in „richtigen“ landwirtschaftlichen Betrieben zum Einsatz. Daher genossen sie zumindest eine halbwegs gute Pflege, denn die Maschine war natürlich wichtiger Einnahmequell.

Freilich wurden auch viele Einachsschlepper professionell eingesetzt. Aber schaut man sich beispielsweise die alten Texte zum Holder E6 an, fällt auf, dass diese nicht nur „auch“ an eine private Klientel vermarktet wurden, sondern dass gerade die kleineren Einachsschlepper ob ihres niedrigen Neupreises bevorzugt von Privatleuten gekauft wurden – für Betriebe waren diese Maschinen häufig zu klein, wo sie dem Privatmensch mit etwas Nebenbei-Landwirtschaft vielleicht genau groß genug waren.

Und speziell die kleinen Einachser wurden so oft genug über viele Jahrzehnte weitergegeben. Häufig liest man in Kleinanzeigen, dass ein Schlepper nur deshalb veräußert wird, weil der Besitzer zu alt wurde und/oder sich von seinem Garten trennte. Bedeutet, man muss also davon ausgehen, ein Gerät zu bekommen, das viele Jahrzehnte harte Arbeit verrichtete – und dabei nur dann einen Mechaniker sah, wenn etwas kaputt war. Zwar sind die Fabrikate „überrobust“ ausgelegt, aber einen teils jahrzehntelangen Wartungsstau muss man eben erst mal wiedergutmachen.

Allerdings muss man dazu auch bedenken, dass es ungleich niedrigschwelliger ist, an einem kleinem, verhältnismäßig leichten Einachsschlepper zu schrauben als an einem großen, massiven Traktor.

  1. Die Versicherung

Einachsschlepper auf der Straße zu bewegen ist, wie noch genauer erläutert wird, ein Rechts-Dschungel für sich. Was aber grundsätzlich Pflicht ist, ist, sie zu versichern. Und hinter dieser Tatsache lauert ein deutliches Plus. Nicht nur, dass einem ob des Alters viele Versicherungen sehr zuvorkommende Oldtimer-Tarife offerieren werden. Viel mehr werden diese auch nochmals niedriger sein, weil es sich bei einem Einachser eben nicht um ein PS-bepacktes Schätzchen mit großer Höchstgeschwindigkeit handelt, sondern im ganz nüchternen Beamtendeutsch um eine „einachsige Zug- oder Arbeitsmaschine“.

  1. Anmeldung und Straße

Wir kommen zu etwas, das die Einachser-Stimmung definitiv eintrüben kann, das Rechtliche. In Vielen Köpfen herrscht nach wie vor die Ansicht, dass Einachser ein quasi-rechtsfreier Raum wären. Kein Führerschein notwendig, kein TÜV, keine Zulassung. Das ist, um es schon mal vorweg zu nehmen, falsch.

Die einfachste Möglichkeit ist es, den Einachser ohne Anhänger, ohne Sitzkarre usw. am Holm zu führen, während er sich selbst antreibt. Dazu braucht es tatsächlich weder Zulassung noch Führerschein. Dahinter wird es jedoch komplex:

Die aktuelle Fahrzeug-Zulassungsverordnung kennt zwar im Grundsatz noch die alte 6km/h-Regelung. Allerdings erstreckt diese sich ausschließlich auf gewerbliche LoF-Fahrten – also Fahrten zu land- bzw. forstwirtschaftlichem Zweck von Hauptberuflern. Die alte „Hobby-Landwirt-Regelung“ existiert nicht mehr. Spaßfahrten durchs Dorf, Ausritte zu einem Traktorentreffen, das alles ist so mit einem nicht-zugelassenen Einachser nicht legal, auch wenn die Erfahrung sagt, dass es hier mit der Polizei nur äußerst selten zu Problemen kommt.  Und ohne Führerschein Klasse L (gehört zum B-Klasse-Autoführerschein automatisch dazu) sollte man ebenfalls nicht losfahren.

Ergo: Sobald man seinen Einachsschlepper legal bewegen will (natürlich auch mit wasserdichtem Versicherungsschutz im Hinterkopf), sollte man folgendermaßen vorgehen:

  • Alle relevanten Daten des Fahrzeugs und des Anhängers zusammensuchen. Betriebserlaubnis, Typenschild und sämtliche greifbaren Herstellerdaten. Gibt es keine, muss der TÜV zwecks Einzelabnahme aufgesucht werden.
  • Das Fahrzeug mit einer konformen Beleuchtungsanlage nachrüsten. Das klingt komplizierter als es ist, für viele Modelle gab es herstellerseitige Nachrüstsätze.
  • Sich zur Zulassungsstelle begeben und mit Hinweis auf §50 FZV fragen, wie in dieser Sache zu verfahren ist.

Hintergrund: Dieser Paragraph regelt primär, dass Fahrzeuge, welche vor dem 1.3.2007 erstmalig in Verkehr kamen und damals als zulassungsfrei galten, es auch heute noch seien. Jedoch ist ebenso bekannt, dass viele Zulassungsstellen zu „freier Interpretation“ neigen. Hier gibt es deshalb nur eine allgemeingültige Regel: Nachfragen.

  1. Oldie-Faktor

Wir kommen zum letzten Punkt. Einem emotionalen Punkt. Denn klar ist, dass viele sich vorstellen, dass sie mit einer kleinen Hakorette auf einem Treffen gegenüber großen Schleppern ziemlich klein und unscheinbar wirken würden.

Allerdings sollte man sich davon nicht täuschen lassen. Denn gerade die Einachser gehörten einst ob ihrer großen Verbreitung zum täglichen Verkehrsbild viel mehr mit dazu als größere Schlepper. Vom Holder E6 allein wurden knapp 20.000 Stück produziert, vom Agria 1700 sogar rund 27.000. Zusammen waren es allein in Westdeutschland hunderttausende. Auf solche Stückzahlen kamen nur wenige der größeren Schlepper, etwa Fendts Farmer-2, von dem ebenfalls 20.000 produziert wurden.

Bedeutet: Einachsschlepper gehören zum kollektiven Gedächtnis vieler Menschen, die heute älter als 30 sind. Allein das verschafft ihnen schon einen Beliebtheitsbonus. Hinzu kommt, dass sie natürlich auch ein Stück weit ungewöhnlicher aussehen. Und so kommt es, dass es immer wieder Einachser sind, die auf Treffen als kleine Juwele herausstechen und beim Wettpflügen zeigen, was sie noch zu leisten vermögen.

Summa Summarum gilt deshalb: Ja, Einachser sind nicht nur ein guter, sondern sogar ein großartiger Einstieg in die Welt der landwirtschaftlichen Oldtimer.